No (good) Leadership without (good) Followership

Carsten Held • 16. Mai 2025

Starke Gefolgschaft als unterschätzter Erfolgsfaktor

In der heutigen Zeit boomt die Führungskräfteentwicklung: 
🎯Executive Coachings, 
🎯Agile-Leadership-Programme, 
🎯New Work und mehr. 
Doch eine zentrale Komponente wird oft nicht klar benannt: Gute Führung braucht gute Gefolgschaft – oder präziser: „No (good) Leadership without (good) Followership“. FFührung findet immer im Zusammenspiel statt. Es braucht Menschen, die Führung verstehen, reflektieren und aktiv mitgestalten – nicht nur „ausführen“.

Der Begriff „Followership“ ist im deutschsprachigen Raum noch wenig etabliert. Viele assoziieren ihn mit Passivität oder Kadavergehorsam aus dem letzten Jahrhundert. Doch das Gegenteil ist gemeint: Es geht um 
✅eigenverantwortliches Mitgestalten, 
✅den Mut zum Widerspruch aus Verantwortung heraus und 
✅eine bewusste Entscheidung zur reflektierten Gefolgschaft.

Zwei Modelle sind hierbei besonders bekannt. Ira Chaleff beschreibt in seinem Buch „The Courageous Follower“ zwei Dimensionen: 🔹Mut zur Unterstützung und 
🔹Mut zur Verantwortung bzw. zum Widerspruch. 
Daraus ergeben sich vier Typen: 
  •     „Resource“ (niedrige Unterstützung und niedriger Widerspruch)
  •     „Implementer“ (hohe Unterstützung, aber kein Widerspruch)
  •     „Individualist“ (viel Widerspruch, wenig Unterstützung) und
  •     „Partner“, der beides vereint – und damit das Idealbild aktiver Gefolgschaft darstellt.
Ziel ist eine Kultur, in der Menschen engagiert mitdenken, konstruktiv kritisieren und Verantwortung übernehmen.

Robert E. Kelley unterscheidet seine fünf Typen anhand der Dimensionen 
🔹kritisches Denken und 
🔹Engagement: 
  •     Passive Follower: unkritisch, unbeteiligt
  •     Konforme Follower: loyal, aber unreflektiert
  •     Entfremdete Follower: kritisch, aber resigniert
  •     Pragmatische Follower: situativ, aber grundsätzlich (stark) angepasst und 
  •     Vorbildliche Follower: Menschen, die sich engagieren, mitdenken, konstruktiv kritisieren – und Verantwortung für den gemeinsamen Erfolg übernehmen – das Ideal, das Organisationen anstreben sollten.
Warum ist gutes Followership so wichtig?
1. Es entlastet Führung – ohne Verantwortung abzugeben: Führungskräfte sind keine Alleskönner:innen. Sie brauchen Teams, die selbstständig agieren, Impulse geben und kritisch mitdenken. Aktive Followership heißt: mitführen, statt nur mitlaufen.
2. Es stärkt psychologische Sicherheit: Wenn Mitarbeitende wissen, dass ihr kritisches Denken erwünscht ist, steigt die psychologische Sicherheit. Das wiederum verbessert Kommunikation, Innovationskraft – und bindet Talente langfristig.
3. Es macht Organisationen widerstandsfähiger: Gerade in Krisen oder Transformationsphasen braucht es nicht nur klare Führung – sondern auch verantwortungsvolle Gefolgschaft, die mitträgt und mitdenkt.

Was bedeutet das für Führungskräfte?
👉 Gute Führung braucht die Bereitschaft, geführt zu werden. Führungskräfte müssen den Mut haben, Widerspruch zuzulassen, Rückfragen zu begrüßen und Followership zu fördern.
👉 Führung ist kein Einbahnstraßen-Modell. Wer sich nur als Top-Down-Leader begreift, verliert das Potenzial seiner Teams.
👉 Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Co-Ownership. Führung wird dann wirksam, wenn sie gemeinsam getragen wird.

Was bedeutet das für Organisationen und HR?
🔹 Leadership-Programme neu denken: In Führungskräfteentwicklung sollte auch die Rolle von Followership integriert werden: Wie schaffe ich Räume für konstruktive Rückmeldung? Welches Bild von „active Followership“ habe ich als Führungskraft und wünsche ich mir ganz konkret von meinen Mitarbeitern?
🔹 Followership als Kompetenz etablieren: Mitarbeitende sollten lernen dürfen, wie man wertschätzend widerspricht, Verantwortung übernimmt und sich mutig einbringt. Das kann in Form von:
  •     Workshops zu „aktiver Gefolgschaft“ – sprachlich vielleicht besser „active followership“,
  •     Konflikt-Trainings,
  •     Feedback-Sessions,
  •     oder Leadership-Followership-Co-Creation-Formaten erfolgen.
🔹 Kultur der Partnerschaft fördern: Weg von Silos und Machtlogik, hin zu Kooperationskultur: HR kann hier Brücken bauen – mit Formaten, die Führung und Teams auf Augenhöhe zusammenbringen.

🎯 HR und Führungskräfte sollten sich darüber klarwerden, welches Mitarbeiter-Bild gewollt ist. (Für Führungskräfte besitzen viele Unternehmen schon Leitlinien, einen Verhaltens- oder Werte-Codex. Warum nicht Ähnliches auch für Followership?)
Wofür? Wenn Mitarbeiter nicht wissen, was von ihnen erwartet wird und welches Verhalten sich die Führungskraft wünscht, wie sollen Mitarbeiter dann genau dieses Verhalten zeigen?
Der Gedanke fühlt sich irgendwie komisch an? Nun, die Arbeits-Psychologie weiß über gutes Mitarbeiterverhalten nicht nur viel, sondern hat auch einen Namen dafür: OCB (organizational citizenship behaviour). Es gibt also keinen Grund für Unbehagen, im Gegenteil! -->hier finden Sie unseren Newsletter dazu: https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:7313496747991863296

Fazit
 Followership ist Leadership im neuen Gewand. Es vervollständigt das Thema Führung. Führung ist nicht nur, was von „oben“ kommt – es ist ein Wechselspiel. Gute Führung braucht das! Menschen folgen nicht mehr blind – sie wollen mitwirken, verstehen, Verantwortung übernehmen. Eine starke Gefolgschaft entscheidet über die Wirksamkeit von Führung. Organisationen, die Followership aktiv fördern, gewinnen nicht nur leistungsfähigere Teams, sondern schaffen auch vertrauensvollere, resilientere und menschlichere Arbeitswelten. 

Also, wann wird Followership auch für Sie als Führungskraft oder HR-Expertin zum Thema?


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